Auf dieser Seite wird Auskunft gegeben über das, was Historiker und Historikerinnen im Allgemeinen tun und ich im Besonderen.
Wie viele Historiker es in Deutschland gibt, ist schwer zu sagen. Im Verband “VHD” (Verband der Historiker und Historikerinnen in Deutschland/ Deutscher Historiker Verband) sind ca. 3000 hauptberufliche Geschichtswissenschaftler organisiert.
Manchmal leicht, aber oft schwer zu finden sind die Daten und Ereignisse, die Historiker brauchen, um ihre Geschichten zu erzählen. Sie finden diese Daten in Archiven, in Bibliotheken, in Kellern und Nebenräumen. Sie stecken in Ordnern, Pappschachteln, zwischen Lagen alten Papiers und Kartons. Irgendwo in den Briefen, Protokollen, Berichten, Aktennotizen und Fotos - irgendwo in diesen Bergen von Zeichen und Zahlen - liegen die entscheidenden Informationen, die aus einer Erzählung eine historische Erzählung machen.
Die wohl häufigste Frage, die Historiker sich beim Lesen der Texte anderer Historiker stellen, lautet: Woher weiß er oder sie das? Wie gut, dass Fußnoten erfunden wurden! Für Historiker sind die Fußnoten anderer Historiker eine Schatzkarte.
Von dem zu erzählen, was gewesen ist, ist vielen Menschen ein Bedürfnis. Es kommen lustige, traurige, lehrreiche und verstörende Geschichten dabei heraus. Sie werden von anderen weitererzählt, neu erfunden, überarbeitet und oft auch wieder vergessen. Historiker haben sich dieses Bedürfnis zum Beruf gewählt: auch sie schreiben Geschichten, die lustig, traurig, lehrreich oder verstörend sein können. Doch wollen diese Geschichten noch mehr: sie wollen so viel echtes Geschehen, vergangene Zeit und Wirklichkeit einfangen, wie nur eben möglich ist.
Historiker erwarten, dass durch das Erzählen von Geschichten, die Gegenwart besser zu verstehen ist. Jedes historische Buch, jede Erzählung eines Historikers beginnt und endet in der Gegenwart. Manchmal sind Anfang und Ende versteckt, mittendrin oder auch in die Luft geschrieben.
Das Pulizieren historischer Arbeit ist Vergnügen und Pflicht zugleich. Die Ergebnisse historischer Recherche kommen zu einem Abschluss, sie werden festgehalten und anderen zugänglich gemacht. Sie können Anregung und Basis weiterer Forschung werden.
Historische Arbeit kann, aber sie muss nicht in eine Publikation münden. Anspruchsvoll und faszinierend ist es, Geschichte in eine Ausstellung zu bringen. Hierbei geht es um Raumgestaltung, um das Ansprechen aller Sinne, um die Herstellung eines kommunikativen Miteinanders.
Jede Geschichte braucht eine Struktur: Wo findet sie ihren Anfang, wo endet sie? Welches sind ihre wesentlichen Elemente? Historiker wählen aus, spitzen zu, vereinfachen und verkürzen. Was sie nicht berücksichtigen, wird unsichtbar. Was sie hervorheben, erhält Bedeutung. Immer, wirklich immer, gibt es ein Mehr an Informationen, ein Plus an Details - und die Möglichkeit, die Geschichte anders zu erzählen.
Jeder Historiker, jede Historikerin, erzählt eine Geschichte auf seine oder ihre Weise. Sie entspricht seiner Weltsicht, seinen Werten, seiner Art, Sinn zu erzeugen. Kritik an der Erzählweise anderer ist legitim und erhellend. Wenn Geschichten sich widersprechen, darf es nicht an den Daten und Ereignissen liegen, die den Geschichten zugrunde liegen. Sie sind nicht verhandelbar. Verhandelbar sind ihre Verbindung und ihre Bedeutung.
“Wahrheit gibt es nur zu zweien”, schrieb Hannah Arendt. Gedanken zu teilen, Sichtweisen auszutauschen und über Arbeits-Ergebnisse zu diskutieren, ist nicht immer leicht. Aber es ist eine Notwendigkeit, um Geschehen zu verstehen und von anderen verstanden zu werden.
Historische Situationen zu vergleichen ist heikel, aber auch erhellend. Leo Tolstoi schrieb: “Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise.“ Vergleichen heißt nicht, alles über einen Kamm zu scheren, sondern Ähnlichkeiten und Abweichungen sichtbar zu machen.
Historiker befassen sich, so scheint es, unverdrossen immer wieder mit den gleichen Themen. “Die Außenpolitik Bismarcks”, “Hitlers Weg in den Krieg”, “Die Römische Republik und ihre Feinde” … Reicht denn nicht ein einziges Buch? Eine einzige Abhandlung? Eine einzige Erzählung zu diesem oder jenem Thema? Keineswegs! Jedes Buch, jede Abhandlung und jede Erzählung experimentiert mit Perspektive, Stil und Erzähltempo.